Archiv der Kategorie ‘Hospiz‘

Zu spÀt

Mittwoch, den 8. April 2009

Dem Herrn We. hatte ich gestern noch die neue Motorsport aktuell mitgebracht, aber ich stellte dann fest, dass Herr We. schon ausgezogen war. Ging komplett an mir vorbei diese Woche …

Gestern dann großer Aufmarsch: Erst Pe, mit der ich das Kaufland unsicher gemacht habe und zwei Stunden ungefĂ€hr unterwegs war; dann kamen Freddy, Zippi und Doug, danach Mirabelle, mit der ich Abend gegessen und „Solange Du da bist“ auf DVD guckte.

Carpe Diem.

Der Film hat erstaunliche Dialoge, die ich hier auch so fĂŒhre, und brachte mich zur Frage, wem ich eigentlich was zumute … SpĂ€ter mehr.

ZĂ€hn.Er.Pack

Dienstag, den 7. April 2009

Mal wieder ein paar Kurzinfos aus dem Todestrakt.

1. Wieso liest man so wenig von dir und deinem Leben in letzter Zeit?

Nachdem ich zwei Mal (schmerzhaft) hinfiel und vom zweiten Mal inkl. der nachfolgenden, leichteren Depression noch einige Blessuren zu verarbeiten hatte/habe, mein Verstand und andere Dinge lĂ€nger nicht auf einen gemeinsamen Weg verzichteten und ich im Rollstuhl saß/sitze, meine Koordination zum Teufel ging … könnt ihr euch vorstellen, wie schwierig da das Schreiben eines solchen Textes sein kann?

Ist es jedenfalls. Außerdem war ich stĂ€ndig mĂŒde.

2. Wie geht’s dir aktuell?

Jetzt, 11:05 Uhr am 7. April? Prima. Bisschen mĂŒde, aber prima. Pe kommt nachher, die Mittagssonne zeigt sich, ich hab gefrĂŒhstĂŒckt und freu mich wie blöde auf heute Abend.

3. Neues aus Puka-Puka?

Ja. SpÀter.

4. PlÀne?

Ja. Ich geh heut Abend ins Bett und stehe morgen frĂŒh wieder auf. Dazwischen esse, uriniere ich, und versuche, bei beidem nicht zu Tode zu stĂŒrzen.

5. Wieso bist du eigentlich noch da?
a) Ich meide Skipisten und Kölner Innenstadtviertel.

Keine Ahnung, ehrlich.

6. Wie war das mit Uli, Pe und dir letztens?

Ein Familienstress. Sorry, dass das so öffentlich war. Uli und ich haben gestern festgestellt, dass wir schon öfter seit 2004 so aneinandergerasselt sind. Falscher Zeitpunkt fĂŒr uns beide, und jetzt ist das beigelegt und vergessen.

7. Schreibst du jetzt wieder öfter selbst?

Ich versuch’s. Wirklich. Danke, dass ihr trotzdem geblieben seid, obwohl das Finale noch nicht absehbar ist! Gut, „die ich-wĂ€r-so-gern-Grafikerin aus Wien“ wird langsam ungeduldig, aber wen juckt das, he? Ob und wann Luna-Mae-Bilder oder andere Sachen wiederkommen, entscheide ich spontan, ne?

8. Steht medizinisch was an?

Nur FĂ€den ziehen am Bein. DemnĂ€chst. Denke ich. Oder die lassen die dran fĂŒr den Haken, mit dem ich in der Verwertung lande.

9. Brauchst du was?

Gute Frage. Das mit dem Handy ist ja in die Wege geleitet. Wegen der Cam wird grad recherchiert.SĂŒĂŸes? Nein, nicht wirklich. Alkohol? Nö. Hab ich noch genĂŒgend. Gute Gedanken, ein Brief oder ne Mail, Nachsicht mit mir altem Metastasi und – okay, das ist was anderes: Zigaretten sind immer so eine Sache, Manchmal Mangelware … Und oft ist das hier so langweilig, dass ich zu viel rauche … DarĂŒber (in Maßen, also nicht stangenweise, bitte) wĂŒrde ich mich auch freuen können.

Nur: Alles, was ich nicht in der von innen undurchsichtigen Kiste mitnehmen muss, ist nur rausgeschmissenes Geld, Freunde.

10. Apropos: Geld. Da war doch was?
FĂŒr solche Dinge fragt bitte freundlich (der ist schon genug gestraft mit mir) bei Onkel Uli nach. Ihr wißt, was ich meine.

Danke 🙂 Bis bald!

RĂŒck.Fall

Freitag, den 27. MĂ€rz 2009

Heute morgen hab ich mich noch ganz gut gefĂŒhlt, bis ich mich neben einen Stuhl setzte und rĂŒcklings ins Mobiliar fiel . Nix passiert, tat nur weh.

Seitdem hab ich mich dann wieder ins Bett geflĂ€zt, geheult und „bald tot “ gespielt. Bis der Doktor kam und mir etwas klar gemacht hat. Ich lebe, und aller Vorraussicht nach noch lĂ€nger (ohne GewĂ€hr) Gevatter Tod hat er jedenfalls noch nicht an meiner TĂŒr gesehen.

AUF.SCHNITT

Donnerstag, den 26. MĂ€rz 2009

Das war eine der fröhlichsten OPs, die an mir durchgefĂŒhrt wurden. Gut, die BetĂ€ubung fĂŒhlte sich an, als wenn der Doktor das Ding einfach aus mir rausreißen wĂŒrde (was mich dazu brachte zu sagen „soviel zu Palliativ“; aber danach und bisher null Schmerzen. Sehr guter Job, Doc!

Schlimm waren die vier Tage danach. Liegen bleiben. Ich hab mir damit gleich ne Depression eingefangen, im Schlaf geheult, bis heute Abend nichts (außer ner Gurke und ner Birne) gegessen. So langsam fang ich mich wieder, eben gab es normales Abendessen, was einige hier erleichtert hat. Also habt noch Geduld, bitte.

OH.PERFORATION

Montag, den 23. MĂ€rz 2009

Ich hab schon mal diesen Gnubbel am rechten Oberschenkel erwÀhnt.

Der ist super toll gewachsen, tut weh und wird folgerichtig am Dienstag entfernt. Bin gespannt, wie lange das zum Heilen braucht.

† DIE REALITÄT

Sonntag, den 22. MĂ€rz 2009

Vier FĂŒnf GĂ€ste sind hier in dieser Woche verstorben, still, von mir unbemerkt fast – wenn nicht fĂŒnf Mal SĂ€rge an mir vorbeigerollt wĂ€ren. Man kann zwei Typen unterscheiden: die Hochwertigen mit BeschlĂ€gen, und die aus schlichter Fichte/Kiefer/Tanne, die wohl ihr Ende in einem Krematorium finden werden. Bei den hochwertigeren SĂ€rgen ist Eiche Rustikal das von mir meist bemerkte Modell.

Die SĂ€rge, auch wenn sie nur einen halben Meter an mir vorbeirollen, machen mir nichts aus – das sind schlicht Transporte fĂŒr mich. Und sowieso: ich habe ja gar keinen Kontakt zu den anderen GĂ€sten. Wenn man das mal so sieht, dĂ€mpft das auf realistisch Weise meine vor einigen Tagen beginnende Euphorie in Bezug auf die vielleicht doch lĂ€ngere Lebenszeit. Der erwartete Tod dieser Menschen bedeutet: Nichts ist annĂ€hernd sicher fĂŒr mich, nichts kann eine noch so gut gemeinte Prognose (Monate, vielleicht Jahre) bestĂ€tigen. Auch nicht entkrĂ€ften. Was ich meine, ist: Ich fange den Tag (Carpe Diem), und ich warte nicht mehr bis „morgen“. Macht jemand mit?

ALSO DOCH

Mittwoch, den 18. MĂ€rz 2009

Gestern war ein Scheißtag. Ich hab nur rumgeheult, schlimm depressiv rumgelegen, und hatte auf einmal Angst, jetzt zu sterben.

Angst? Ich? Ohja. Je lĂ€nger die gute Phase dauert, desto weniger habe ich daran geglaubt, doch noch sterben zu mĂŒssen. Exakt das, vor dem ich Angst hatte, ist eingetreten: Ich will leben. Aber ich werde nach wie vor nur noch als Gast hier geduldet, und meine Zeit lĂ€uft ab.

Ich war doch schon so weit, dass ich das akzeptiert hatte. Und jetzt muss ich zwar nicht ganz von vorn, aber doch schon wieder von fast vorne mit der Akzeptanz anfangen.

Lebenswille kann manchmal echt lÀstig sein.